PsyScope

PsyScope


PsyScope: Tipps zur grafischen Programmierung

Hier in aller Kürze einige Richtlinien, um einfache Experimentaldesigns der kognitiven Psychologie auf PsyScope zu übertragen.

 

1. Das wichtigste: Die Überlegungen zum Experimentaldesign (VOR der Programmierung)

Viel Aufwand und Mühe kann durch eine sorgfältige Planung des Designs eines Experiments gespart werden. Dazu ist zu allererst wichtig, sich über das verwendete Paradigma genauestens im Klaren zu sein. Dies beinhaltet vor allem auch die Frage nach den zu protokollierenden

bullet unabhängigen und
bullet abhängigen Variablen.

Die abhängigen Variablen sind meistens %korrekt-Raten und Reaktionszeiten (RT=reaction times).

Am meisten hat sich zudem eine Aufstellung des Ablaufs des Experiments gezeigt. Der Versuchsablauf kann am einfachsten durch ein Flussdiagramm (flow chart) dargestellt werden. Eine genaue zeitliche Aufeinanderfolge (time course) innerhalb eines Versuchsdurchgangs (trial) komplettiert die konzeptionelle Vorarbeit. Meist werden die zeitlichen Konstanten entsprechenden Experimenten, die zu einem ähnlichen Thema durchgeführt wurden (erschließbar durch Fachzeitschriften/Journals), entnommen. Durch dieses Orientieren an bereits etablierten Experimentalreihen ermöglicht man eine bessere Replizierbarkeit und Abschätzung der Effektstärke eines kognitiven Phänomens. 

Wichtig zu klären bleibt außerdem die Frage, in welcher Reihenfolge (sequentiell, randomisiert) und in welcher Qualität die Stimuli (Anzahl der Farben, Größe der Darstellung) dargeboten werden sollen. Sofern Bilder als Reize verwendet werden sollen, sollte man sich stets bemühen, diese Bilder zu komprimieren und in der Größe so zu optimieren, dass einerseits eine möglichst schnelle Ladegeschwindigkeit (zu große Bilddateien würden sich erst nach und nach auf dem Bildschirm aufbauen, was die Wahrnehmung negativ beeinflusst und verzerrt) erreicht wird, andererseits aber auch nicht die Qualität darunter leidet.

In den  Experimentaldurchgängen existieren konstante (stets gleiche Instruktionen; Ablaufstruktur; etc.) und variable Anteile (spezifischer Stimulus); diese Anteile müssen jeweils identifiziert werden.

Die richtige Anzahl der gesamten Durchgänge festzulegen gleicht einem Vabanquespiel, da man zwischen versuchsplanerischer Qualität und psychischer  Belastbarkeit der Versuchspersonen abwägen muss: Einerseits braucht man eine ausreichende Menge an unterschiedlichen Reizen, um eine genügend hohe externe Validität zu erreichen, andererseits dekrementiert die Aufmerksamkeit und die Motivation der Versuchspersonen bei zu vielen Durchgängen. In jedem Fall sollten bei zeitkritischen Erhebungen (Reaktionszeitmessungen) stets sogenannte "Blindtrials" (nicht auszuwertende Trials) am Anfang eines jeden Experimentalblocks eingefügt werden, damit die tatsächlichen Testtrials nicht von anfänglichen Reaktionsirritationen beeinflusst werden, was die Fehlervarianz erhöhen würde.

Schließlich und letztlich muss festgelegt werden, wie die Eingaben der Versuchspersonen erfolgen sollen. Folgende Eingabemöglichkeiten bestehen von Seiten PsyScopes:

bullet Maus (Mausklick, Position der Maus)
bullet Tastatur (auch Sondertasten)
bullet "Buttons" (nur mit zusätzlicher ButtonBox; Klick, Release)
bullet "VoiceKey" (über externes Mikrofon mit zusätzlicher ButtonBox)
bullet zusätzliche Spezialeinheiten (nur mit zusätzlicher ButtonBox über spezielle serielle Schnittstellen)

Letztendlich lässt sich jedoch PsyScope aber auch einfach als Präsentationsprogramm "missbrauchen": PsyScope erledigt dabei lediglich die Präsentation der Stimuli, die Urteile der Versuchspersonen werden dagegen von dem/der Versuchsleiter/in protokolliert.

 

2. Die grafische Oberfläche (design window)

2.1 Desktopaufbau

Dies ist der typische Aufbau der grafischen Oberfläche:

Am oberen Rand des Desktops ist dabei die Menüstruktur zu erkennen, am linken Rand die Objekte (objects) und Werkzeugmenü (tools). Der überwiegende, hier noch leere, Bereich wird der hierarchisch anzulegenden Experimentalstruktur gewidmet.

2.2 Experimental-Icon

Das zentrale Objekt, welches in jedem Design obligatorisch ist, ist das Experimental-Icon (gekennzeichnet durch ein rotes Psi-Zeichen). Wenn die Buttons "Show events" und "Show lists" angeklickt sind, so wird die gesamte Experimentalstruktur, ausgehend vom Experimental-Icon, gezeigt.

2.3 Werkzeuge (tools)

Mit den verschiedenen Tools lassen sich Elemente manipulieren und das Fenster designen, d.h. deren räumliche Anordnung und deren logische Beziehungen festlegen.

2.4 Objekte (templates, tables, lists, events)

Objekte sind die organisierenden Strukturen des Experiments.

bullet Templates definieren eine Serie von Ereignissen (events), d.h. sie bestimmen die zeitliche Aufeinanderfolge und logische Abhängigkeit von einzelnen Events (siehe Screenshot weiter unten).
bullet Tabellen (Tables) enthalten zusätzlich zu Templates eine versuchsplanerische Zuordnung von spezifischen Reizen oder spezifischen Ablaufstrukturen, sind ansonsten genauso strukturiert wie Templates.
bullet Listen (Lists) enthalten spezifische Reizem, die zwischen den einzelnen Trials variieren (die Inhalte können intern oder extern, d.h. als Textdatei definiert werden) .
bullet Ereignisse (Events) sind die Substrukturen von Templates und Tables und beinhalten verschiedene Reizklassen (Bilder, Texte), verschiedene Eingabeverfahren und rein zeitliche Abfolgeregeln

Hier eine Auflistung der vorhandenen Ereignisklassen:

bullet Zeitverzögerung (Sanduhr): zeitliche Abfolgeregelung
bullet Text (rosa A): gibt ein alphanumerischen Stimulus aus (beschränkt auf 1 Zeile!)
bullet Paragraph (blaues Rechteck): wie "Text", jedoch über mehrere Zeilen hinweg expandierbar
bullet Dokument (graue Seite voller Text): wie Paragraph, nur wird der Inhalt in einer externen Datei repräsentiert
bullet Bilder (Rahmen mit Pinsel): Ermöglicht Bildpräsentation. Dazu müssen Grafiken im .PICT-Format vorliegen (Macintosh-eigenes Format, das von kaum einem Windows-Programm unterstützt wird!)
bullet Paste (gelbliche Seite mit rotem A): Zum Zusammenfassen einzelner Texte/Bilder, damit diese auf einmal auf dem Bildschirm angezeigt werden können
bullet Input (Finger auf Taste): um einen einzelnen Tastaturklick auszuwerten
bullet Key Sequence (Keyboard mit Händen): wenn Benutzer mehrere Zeichen eingeben soll
bullet Sound (Lautsprecher): Zum Abspielen von SoundEditTM-Dateien
bullet ButtonBox (Drei-Tasten ButtonBox): Interaktion mit ButtonBox

Jedes dieser Eriegnisklassen verfügt über eine Vielzahl von Attributen zum Feineinstellen und Optimieren der Reize:

 

3. Hilfreiche Hinweise beim Umgang mit PsyScope

PsyScope ist kein kommerzielles Programm und kann daher nicht den Anspruch erheben, völlig fehlerfrei zu sei. Zudem neigen Macintosh-Computer unter den Betriebsysstemen bis MacOS X excl. sehr oft zu Systemabstürzen. Beide Tatsachen zusammen machen eine akribische Datensicherung von erstellten und vor allem gerade in der Erstellung begriffenen Programmfiles dringend nötig!

Die beste Methode besteht darin, alle paar Minuten (!) eine Kopie des gerade in der Erstellung befindlichen Scripts zu machen (erkennbar am Postfix "script"). Zusätzlich sollte mindestens jeden Tag einmal während einer Programnmierung/Erstellung eine zusätzliche Kopie des Scriptfiles auf getrennt vom Computer zu haltenden Archiven gespeichert werden. Sollte dann einmal der Computer während einer Sicherung oder während eines Versuchstests abstürzen, so kann man immer noch auf frühere Editionen zurückgreifen.

 

4. Ein Wort zum Schluss

Ein anscheinend noch so gut funktionierendes Experimentalscript sollte vor der endgültigen Fertigstellung vor allem auch auf die Qualität seines Datenfiles untersucht werden. Diese Datei sollte alle Daten beinhalten, die zur späteren Auswertung vonnöten sind (z.B. Anzahl korrekter Items, Reaktionszeiten, Beschreibungen der Stimuli). Dabei ist besonders darauf zu achten, dass es verständlich genug ist, um auch später noch sinnvoll die Daten interpretieren zu können.)